(09.09.2022) Statistisch gesehen leidet jeder dritte Mensch mindestens einmal im Leben an einer psychischen Erkrankung und ihren zum Teil schweren Folgen. Viele Betroffene sind dabei auf eine professionelle Behandlung in einer psychiatrischen Einrichtung angewiesen.
„Soul in Space“ oder wenn Räume heilen
Wissenschaftliche Tagung im Alexius/Josef Krankenhaus leistet Pionierarbeit und beleuchtet Zusammenhänge zwischen Architektur und Psychiatrie
Welche Bedeutung dabei dem medizinischen und therapeutischen Fachpersonal zukommt, ist dabei unbestritten. Was in der Forschung aber bisher kaum berücksichtigt wurde, ist die Frage nach der Bedeutung der Räumlichkeiten und Gebäude für den Heilungsprozess. Genau an diesem Punkt setzte die interdisziplinäre Fachtagung „Soul in Space – Psychiatrie trifft Architektur“ an, die am 9. September 2022 in den Räumlichkeiten des Alexius/Josef Krankenhauses in Neuss stattfand.
„Es gibt kaum wissenschaftliche Untersuchungen zur heilenden Wirkung von Architektur auf psychisch erkrankte Menschen“, stellte Dr. Martin Köhne, ärztlicher Direktor und Geschäftsführer des Alexius/Josef Krankenhauses, schon in seiner Eröffnungsrede fest. „Umso mehr freut es mich, dass heute hier in Neuss mehr als 100 Psychiater und Architekten aus Deutschland, den Niederlanden und der Schweiz zusammen gekommen sind, um gemeinsam wissenschaftliche Pionierarbeit zu leisten!“ Im Verlauf der Tagung wurde in zahlreichen Vorträgen der wesentliche Einfluss von Architektur auf den Heilungsprozess bei Patienten herausgearbeitet: Leuchtturmprojekte wie die Psychiatrie Radboudumc in Nijmegen (Niederlande), die Soteria der Berliner Charité und der Neubau des Alexius/Josef Krankenhauses wurden dabei ebenso behandelt wie die Auswirkungen, welche die Digitalisierung in Form von KI, Virtual Reality und Deep Learning auf die Gebäudeplanung in Zukunft haben wird. Wiebke Schubert vom Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen stellte dabei kritisch fest, dass längst noch nicht alle deutschen Psychiatrien in der Gegenwart angekommen seien – und zum Teil gravierende bauliche Rückstände aufzuholen seien.
Zeitgleich zur Tagung wurde auch das gleichnamige Fachbuch der Öffentlichkeit präsentiert, das neben Köhne von Julia Kirch, Andrea Kuckert-Wöstheinrich sowie Prof. Linus Hofrichter herausgegeben worden ist. „Ich freue mich, dass das Buch und die Tagung auf so großes Interesse stoßen“, berichtet Hofrichter, Professor für Krankenhausplanung in Gießen und Leiter eines renommierten Architekturbüros, das bereits mehr als 80 Krankenhäuser geplant und gebaut hat. „Mein Anspruch ist es, Psychiatrien zu bauen, die Seele, Raum und Natur verbinden und Patienten dabei helfen, wieder zu sich selbst zu finden. Ich hoffe, dass wir Architekten damit in Zukunft verstärkt einen Beitrag zur Entstigmatisierung und zur Heilung psychisch erkrankter Menschen leisten dürfen.“
Das Buch „Soul in Space – Psychiatrie trifft Architektur“ ist bei der Medizinisch Wissenschaftlichen Verlagsgesellschaft erschienen und dort bzw. im Buchhandel für EUR 79,95 unter der ISBN-Nr. 978-3-95466-693-5 bestellbar.