Psychisch Kranke müssen besonders auf ihren Körper achten
Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen haben ein erhöhtes Risiko für zusätzliche ernsthafte körperliche Leiden. Diese treten oft in den Hintergrund: Von den Patientinnen und Patienten, aber auch von manchen Ärztinnen und Ärzten werden die Symptome nicht ernst genommen oder bleiben weitgehend unbeachtet, da der Fokus auf den psychischen Problemen liegt. Um die Versorgung der betroffenen Menschen zu verbessern, nimmt das Alexius/Josef Krankenhaus an dem vom Gemeinsamen Bundesausschuss geförderten Projekt Psy-Komo teil – als einer von vier Standorten in ganz Deutschland.
Hierfür arbeitet die Neusser Klinik eng mit der Gesamtprojektleitung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf zusammen. Ziel ist es, Barrieren für Betroffene abzubauen und somit eine bessere Versorgung der Prävention, Diagnostik und Therapie von körperlichen Erkrankungen zu eröffnen. „Wir sind froh, dass wir dieses wegweisende Projekt im Rhein-Kreis Neuss umsetzen können,“ sagt Dr. Martin Köhne, Ärztlicher Direktor und Geschäftsführer des Alexius/Josef Krankenhauses. Denn so werde die Schnittstelle zwischen stationärer Behandlung und ambulanter Betreuung mit Inhalt gefüllt.
Wie genau das funktionieren soll, erklärt Dr. Corinna Lottmann, Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, die das Projekt Psy-Komo im Rhein-Kreis Neuss leitet. „Zunächst einmal werden am Projekt interessierte niedergelassene Kolleginnen und Kollegen aus dem Fachbereich Psychiatrie und ärztliche Kolleginnen und Kollegen, die in unseren psychiatrischen Institutsambulanzen arbeiten, trainiert.“ Diese sollen potenzielle Teilnehmende auf die Studie aufmerksam machen. „Die Patientinnen und Patienten können sich dann unter anderem auf Wunsch ein halbes Jahr lang Unterstützung bei unseren Gesundheitsbegleiterinnen und Gesundheitsbegleitern holen. Diese bieten offene Sprechstunden an, geben individuelle Orientierungshilfe im Gesundheitssystem, vereinbaren – wenn gewünscht – Arzttermine und begleiten gerne auch zu diesen“, so die Fachärztin.
Hierfür stehen zwei Frauen und zwei Männer bereit, die allesamt im Alexius/Josef Krankenhaus arbeiten und auf eine lange Erfahrung in der Betreuung psychiatrischer Patientinnen und Patienten blicken. Für ihre neue Aufgabe wurden auch sie speziell geschult. „Wichtig ist uns, den Patientinnen und Patienten Ängste zu nehmen und sie so zu stärken, dass sie sich wieder selbstständig um ihre Selbstfürsorge kümmern können“, sagt Gesundheitsbegleiterin Marion Kux. Neben der Begleitung vor Ort bietet das Projekt auch einen Zugang zu digitalen Präventionsangeboten. Interessierte erhalten unter anderem Informationen zu Ernährungsberatungen, Sportangeboten und Entspannungskursen.
Das Projekt wird durch den Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses über drei Jahre mit knapp neun Millionen Euro gefördert. Es umfasst mit Frankfurt am Main, Göppingen, Greifswald und Neuss vier Städte und Regionen, die unterschiedliche Siedlungs- und Wachstumsstrukturen repräsentieren. Sie sollen die Voraussetzung dafür schaffen, dass das Konzept auf das gesamte Bundesgebiet übertragen werden kann.
Allein im Rhein-Kreis Neuss sollen 1.100 Patienten in die Studie aufgenommen werden – 15 nutzen das Angebot bereits. „Um das zu realisieren, ist eine intensive Netzwerkarbeit notwendig. Wir wollen möglichst viele psychiatrisch tätige Ärztinnen und Ärzte aus unseren Clustern und von den Niedergelassenen einbinden. Mit den ärztlichen Kolleginnen und Kollegen der anderen Fachrichtungen möchten wir einen direkteren und besseren Austausch erreichen“, sagt Dr. Corinna Lottmann.